Frühjahrsversammlung des Historischen Vereins für den Niederrhein in Köln am 16. Mai 1998

Mit dem Hinweis, dass Köln der vom Historischen Verein im Laufe der Jahre am häufigsten besuchte Ort sei, eröffnete der Vorsitzende, Prof. Dr. Norbert Trippen, die ungewöhnlich stark besuchte Frühjahrsversammlung 1998. Er erinnerte an die Anlässe, welche den Verein in die rheinische Metropole geführt hatten und ordnete die diesjährige Tagung den sich in regelmäßigen Abständen wiederholenden Domjubiläen zu. Auf die sonst übliche Einführung in die Geschichte des Tagungsortes konnte der Vorsitzende dieses Mal verzichten, wegen des umfangreichen Programms musste auch auf den sonst üblichen Nachmittagskaffee verzichtet werden, was die Teilnehmer – zu ihrer Ehre sei es gesagt! – ohne Murren zur Kenntnis nahmen.

Im Vereinsbericht verwies Prof. Trippen auf das zu Jahresbeginn erschienene umfangreiche Heft 200 der „Annalen“ und stellte als neue Geschäftsführerin Frau Susanne Schmitz vor. Der anschließende Kassenbericht, den Prof. Dr. Gisbert Knopp, sehr detailliert erstattete, kündete von der zur Zeit gesunden finanziellen Lage des Vereins, so dass nach dem ebenfalls positiv gestimmten Bericht der Kassenprüfer dem Vorstand die erbetene Entlastung erteilt wurde. Die Vorstandswahl fand unter Leitung von Dr. Norbert Schloßmacher statt und bestätigte einstimmig den bisherigen Vorstand im Amt. Prof. Trippen dankte für das ihm und den Kollegen im Vorstand erwiesene Vertrauen und gelobte, dem Verein für die kommenden drei Jahre seine ganze Kraft zur Verfügung zu stellen. Nach Ablauf dieser Frist müsse allerdings ernsthaft an eine Erneuerung und Verjüngung des Vorstandes herangetreten werden, wobei er gewiß auch an die Notwendigkeit gedacht hat, die Vertretung der dem Niederrhein ergebenen Frauen aus der bisherigen desolaten Nullsituation hinauszuführen.

Das Vortragsprogramm war ganz dem Kölner Dom gewidmet, der 1998 die 750-jährige Wiederkehr der Grundsteinlegung feierte. Dombaumeister Prof. Dr. Arnold Wolff beeindruckte in seinem sehr fachgerechten Referat „Die vollkommene Kathedrale. Der Kölner Dom und die Kathedralen der Isle-de-France“ durch seine souveräne Beherrschung der Materie und die daraus resultierende Beweisführung, dass der Kölner Dom tatsächlich die in den französischen Kathedralen verwirklichte gotische Bauidee erstmalig und unwiederholt in größter Vollkommenheit realisiert hat und dass ihm der Ehrentitel „Die vollkommene Kathedrale“ in des Wortes eigentlicher Bedeutung zukomme. Die hervorragenden Lichtbilder, welche den Vortrag begleiteten, waren nicht nur Augenschmaus, sondern halfen auch dem baugeschichtlich wenig erfahrenen Zuhörer, den subtilen Gedankengängen des Vortragenden zu folgen. Prof. Dr. Norbert Trippen machte es da seinem Auditorium leichter. In seinem ebenfalls mit Lichtbildern erläuterten Vortrag „Das Kölner Dombaufest 1948“ führte er zurück in das Köln der allerersten Nachkriegsjahre, an das sich gewiß noch etliche Tagungsteilnehmer erinnern konnten. Nach anfänglichem Zögern entschloß sich Josef Kardinal Frings die 700-Jahr-Feier des Doms zu einer international angelegten Veranstaltung zu machen und sich dabei den heute kaum noch vorstellbaren Schwierigkeiten mutig, um nicht zu sagen, tollkühn zu stellen. Es gelang dem Erzbischof, Papst Pius XII. zur Entsendung eines Legaten zu bewegen, der in der Person von Kardinal Micara die kölnische Seele in hohem Maße ansprach. Die füllige und vor dem Trümmerhintergrund besonders zu Herzen gehende Erscheinung des Kirchenfürsten, in vielen der Dias dokumentiert, brachte ihm den ehrenvollen Spitznamen „Barockengel“ ein. Die Teilnahme anderer in- und ausländischer Kardinäle und Bischöfe am Domfest machte dieses für die durch das Kriegsende nicht unverdientermaßen von der übrigen Welt isolierten Deutschen zu einer Hoffnung, eines Tages wieder mit zur europäischen Völkerfamilie zu gehören.

Am Nachmittag sorgte ein Trio von Besichtigungen für eine Vertiefung dessen, was man am Vormittag gehört hatte. Es standen zur Auswahl a) Besichtigung der Dombauhütte, b) Gang über die Dächer und das Triforium (des Doms) und c) Gang durch die Ausgrabungen unter dem Dom. Prof. Wolff und seine Mitarbeit/innen waren nicht nur liebenswürdige Führer, sie meisterten auch die organisatorischen Probleme, die durch die große Zahl der Besichtigungswilligen entstanden waren. Es fiel niemand vom hohen Dach oder wurde im tiefen Keller vergessen. So konnten dann denjenigen, die noch nicht alle geistigen und körperlichen Kräfte verbraucht hatten, zum Abschluß des Tages die Pläne für den Neubau des Diözesanmuseums über St. Columba besichtigen und sich vom Direktor des Museums, Dr. Joachim Plotzek, erläutern lassen.

Es gibt aber Anzeichen dafür, dass nicht wenige Teilnehmer sich beim Gang zum Diözesanmuseum verirrten und wegen des um den Dom gerade lautstark und zahlreich begangenen Kinderfestes in die falsche Richtung gingen. Ihnen ward die Genugtuung, den aus guten Gründen ausgefallenen Nachmittagskaffee in einem hochangesehenen Kölner Cafe in eigener Regie zu zelebrieren. Das dem Patron des Domes, dem heiligen Petrus, zu verdankende strahlende Frühsommerwetter tat das Seine dazu, den Tag in Köln zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.

 

Severin Corsten

Bonn-Bad Godesberg

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