Herbstversammlung des Historischen Vereins für den Niederrhein in Bedburg und Alt-Kaster am 11. Oktober 2000
Nach der freundlichen Begrüßung durch den Vorsitzenden Prof. Dr. N. Trippen und der Vorlage des Vereinsberichts hielt Olaf Richter aus Mönchengladbach im gut gefüllten Saal des Restaurants „Altstadt-Stuben“ in Bedburg einen Vortrag mit dem Thema „Kaster als Amtsstadt des Herzogtums Jülich im 16. Jahrhundert“. Dabei ging er besonders auf Gesellschaft, Wirtschaft und Konfession dieser späteren Stadt ein, die wohl auf eine seit der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts bestehende Siedlung zurückgeht. Aus dem kenntnisreichen Referat seien einige wesentliche Aspekte zur Geschichte dieser zu Unrecht kaum bekannten Stadt hervorgehoben. Der Name Kaster taucht 1148 im Zusammenhang mit den Herren von Kaster erstmals auf. Als sie um die Mitte des 13. Jahrhunderts aussterben, beerben sie die Grafen von Jülich. Im jülichschen Territorium erhält Kaster eine wichtige Funktion. Sie liegt günstig an der Erft und kann damit die Grenze zu Kurköln schützen. Außerdem ist Kaster Zollstelle an der Straße Köln-Roermond-Antwerpen und an der Verbindung von Neuss hin zur Kölner Straße. Die Burg Kaster liegt, wie die Teilnehmer durch die spätere Führung von Dr. Frank Kretzschmar selbst wahrnehmen konnten, außerhalb der Stadtmauer auf einem Hügel. 1278 wird sie bei einer Auseinandersetzung der Jülichschen mit dem Kölner Erzbischof zerstört. Aufbau und Wiederzerstörung häufen sich, bis die Burg 1648 endgültig Ruine bleibt. 1336 wird zum ersten Mal der „Burgflecken“, aus dem sich die Stadt Kaster entwickelt, erwähnt. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wird der Ort Sitz eines Amtmannes. 1339 werden erstmals Schöffen genannt. Eine Pfarre bildet die Stadt im Mittelalter nicht, obgleich es eine Kapelle gibt. Eine weitere gehört zur Burg. Kirchlich ist Kaster Bestandteil des Kirchspiels Lipp bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Ein eigenes Marktrecht für Kaster ist nicht bekannt. Doch werden im 16. Jahrhundert anscheinend Märkte abgehalten. Ihre wirtschaftliche Bedeutung ist bescheiden. Andererseits kommt Kaster als Exportstätte für Waid größere Bedeutung zu. Zünfte bilden sich nicht aus. Innerhalb der Stadt liegen zahlreiche Gehöfte. Eine gehobene gesellschaftliche Stellung nehmen besonders die Angehörigen der Schöffenfamilien ein.
Erst in der frühen Neuzeit, um die Mitte des 16. Jahrhunderts, löst sich Kaster aus dem Lipperschen Pfarrverband. In dieser Zeit ist, wie der Referent belegen kann, das Konfessionsbewußtsein noch nicht voll ausgebildet, teils aus Toleranz, teils aus Ignoranz. Erst 1574 unter dem Pfarrer Rittenius, der aus Viersen stammt, ändert sich die Situation. Das detailreiche Bild, das der Referent von der kleinen Stadt zeichnete, wurde mit viel Beifall aufgenommen.
In Bergheim zeigte Msgr. Werner Skorjanz die zu seiner Zeit als Pfarrer vorbildlich restaurierte Kirche St. Lambertus. Seinem humvorvollen Vortrag merkte man deutlich an, wie diese Aufgabe zu seiner Herzensangelegenheit geworden war.
Auf dem von dem bereits erwähnten Dr. Kretzschmar vom Landesamt für Denkmalpflege am Nachmittag geführten Gang durch die Stadt Kaster wurden die von Olaf Richter erwähnten historischen Stätten in Augenschein genommen und eindrucksvoll verlebendigt.
Die Tagung klang aus mit einer Besichtigung von Schloß Paffendorf, wo die Teilnehmer über den rheinischen Braunkohlebergbau informiert wurden. Viele Mitglieder des Historischen Vereins waren erfreut, dass sie auf dieser Tagung historische Pfade beschreiten konnten und Fakten erfuhren, die ihnen bisher unbekannt geblieben waren.
Wolfgang Löhr
Mönchengladbach