Frühjahrsversammlung des Historischen Vereins für den Niederrhein in der Abtei Brauweiler am 20. Mai 2006

Kirche und Konventsgebäude der ehemaligen Benediktinerabtei Brauweiler gehören zu den bedeutendsten historischen Stätten im nördlichen Rheinland und speziell im Erzbistum Köln. Der Historische Verein hat diesen Tagungsort der Frühjahrsversammlung 2006, der mit seinen satzungsgemäßen Aufgaben für die Geschichte des Niederrhein und des „alten Erzbistums Köln“ in besonderer Weise korrespondiert, schon dreimal zuvor für Vereinstreffen gewählt. Das erste Mal geschah dies vor einhundertzehn Jahren bei der Herbstversammlung am 14. Oktober 1896, die der damalige stellvertretende Vorsitzende, der berühmte Kunstsammler Domkapitular Alexander Schnüttgen, geleitet hat. Auch 1934 und 1975 traf man sich wieder in Brauweiler. In den seit 1975 verflossenen Jahrzehnten haben die Gebäude des altehrwürdigen Klosters Brauweiler dank des Engagements des heutigen Eigentümers, des Landschaftsverbandes Rheinland, viel von ihrem alten Glanz zurückgewonnen, so dass die Vorträge bei der Frühjahrsversammlung 2006 in den sehr schönen, restaurierten Repräsentationsgebäuden der ehemaligen Abtei stattfinden konnten.

Nach der Eröffnung durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Leo Peters begrüßte der Leiter des heute die Abteigebäude nutzenden Rheinischen Archiv- und Museumsamtes Dr. Norbert Kühn, der selbst Mitglied des Historischen Vereins und dessen Arbeit eng verbunden ist, die Versammlung. Dann wurden zwei thematisch äußerst verschiedene Vorträge gehalten. Der erste Vortrag war der Geschichte der Abtei gewidmet, und zwar nicht ihrer Gründungs- und besonderen Glanzzeit im 11. Jahrhundert, sondern den Verhältnissen in der Abtei und ihrem Stiftsgebiet am Ende des 18. Jahrhunderts. Der Titel lautete: „Die Abtei Brauweiler am Vorabend der Säkularisation“. Leider musste dieser Vortrag von Peter Schreiner, der gegenwärtig wie kein anderer durch Veröffentlichungen zur Geschichte von Brauweiler als besonderer Kenner ausgewiesen ist, wegen einer Erkrankung Schreiners verlesen werden. Dies war gewiss bedauerlich, tat aber dem Inhalt, der Neuland rheinischer Kirchengeschichtsforschung erschloss, keinen Abbruch. Freilich musste auf Fragen an den Referenten und auf die Diskussion des Vortrages leider verzichtet werden.

Der Inhalt des Vortrages von Dr. Wolfgang Werner war einem schrecklichen Kapitel der rheinischen Geschichte gewidmet, der (so auch der genaue Titel) „NS-Euthanasie im Rheinland“. Eine Verbindung zum Ort ergab sich dadurch, dass der Name Brauweiler auch mit dem dunkelsten Abschnitt der rheinischen Vergangenheit verbunden ist, da die Klostergebäude, bzw. die Neubauten der in diesem Bereich seit 1811 errichteten „Korrektions- und Arbeitsanstalt“ von 1933 bis 1945 zu einem Konzentrationslager und Gestapogefängnis gehörten. Dr. Werner analysierte das Euthanasieprogramm mit seinen bürokratischen Details als einen anderen Aspekt der nationalsozialistischen Barbarei. Sein hervorragender Vortrag beinhaltete viele neue Forschungsergebnisse insbesondere im Bereich der Verantwortlichkeit für die Euthanasieverbrechen, indem er zahlreiche Beispiele für eine weitgehend freiwillige Mitwirkung von Kliniken und anderen medizinischen Institutionen belegte.

 

Heinz Finger

Köln

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