Frühjahrsversammlung in Kranenburg am 12. Mai 2012

Das für die niederrheinische Kirchengeschichte wie für die Geschichte von Grafschaft und Herzogtum Kleve nicht unbedeutende Kranenburg war noch nie Versammlungsort für eine Tagung des Historischen Vereins gewesen. Der Vorschlag, diesen Ort, der auf halbem Weg zwischen den früheren Tagungsorten Kleve und Nijmegen liegt, für die Frühjahrsversammlung zu wählen, kam von unserem Vorsitzenden Professor Leo Peters. Kranenburg gehörte bis zum Ende des alten Erzbistums Köln (dessen Grenzen Bedeutung für unser Vereinsgebiet haben) zu diesem und war in der Frühen Neuzeit eine der 24 Städte des Herzogtums Kleve.

Die Versammlung begann um 10.15 Uhr im Kranenburger Bürgerhaus. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Leo Peters und der am Anfang stehenden Behandlung der Vereinsregularien, die bei dieser Versammlung auf Grund des Fehlens besonderer Ereignisse sehr kurz ausfiel, folgte mit pünktlichem Beginn um 10.30 Uhr das Vortragsprogramm. Den ersten Vortrag hielt der diesen Bericht unterzeichnende Professor Heinz Finger. Sein Thema war „Der Achtzigjährige Krieg und seine Auswirkungen auf das Rheinland“. Der Referent behandelte nach Klärung des Begriffs „Achtzigjähriger Krieg“ (Tachtigjarige Oorlog) zunächst die Fragen: „Inwieweit war diese lange währende militärische Auseinandersetzung ein Freiheitskampf der Niederlande oder ein niederländischer Bürgerkrieg? – Ist der traditionelle Name ‚Spanische Niederlande‘ für den niederländischen Süden (einschließlich seiner heute deutschen Gebiete im Rheinland) sinnvoll?“ Im Hauptteil ging es um die politischen und militärstrategischen Bedingungen, durch die der gesamte Niederrhein in die Kämpfe hineingezogen wurde, und vor allem um die Folgen, die dies für die rheinische Geschichte hatte.

Den zweiten Vortrag, der dem Ort des Vereinstreffens gewidmet war, hielt Dr. Manuel Hagemann, ein ausgewiesener rheinischer Landeshistoriker. Dr. Hagemann, Verfasser einer 2007 als Band 21. der Reihe „Libelli Rhenani“ erschienenen Monographie über Johann von Kleve († 1368), der vor seinem Regierungsantritt in der Grafschaft Kleve Kölner Domdechant gewesen war, hat u. a. auch mehrfach zur Ortsgeschichte von Kranenburg publiziert. In seinem Vortrag „Das spätmittelalterliche Kranenburg im Spannungsfeld zwischen Klever Grafen und dem Zyfflicher Martinsstift“ schilderte er – mit kenntnisreichem Rückgriff auf die natürlichen geographischen Gegebenheiten – die Stadtwerdung Kranenburgs im ehemaligen Düffelgau im Rahmen der Bruchkolonisation des 13. Jahrhunderts. Da die Klever Grafen, die noch im selben Jahrhundert zur Stadt erhobene Burgsiedlung auf ihrem Vogteigut des Stiftes Zyfflich angelegt hatten, waren Konflikte zwischen Grafschaft und Stift geradezu programmiert. Dr. Hagemann stellte diese prägnant und ohne Weitschweifigkeit allgemeinverständlich dar.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen fanden zwei Führungen statt, und zwar – was mit Recht sehr positiv von den Teilnehmern an der Frühjahrsversammlung aufgenommen wurde – von sehr gegensätzlicher Art. Die Führung durch das Museum Katharinenstift, das sich im ehemaligen Konventsgebäude einer Schwesterngemeinschaft der Windesheimer Kongregation befindet, betraf eine durchaus beachtliche, doch in keiner Weise überragende lokale Kunstsammlung. Sie besteht ganz überwiegend aus Gemälden vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart, wobei die neueren und neuesten Zeiten in besonderem Maße repräsentiert sind. Von größtem Interesse war aber die Führung in der Pfarrkirche, der ehemaligen Stiftskirche und Wallfahrtskirche der Kronenburger Kreuzwallfahrt. Sie wurde von Dr. Hagemann mit Teilnahme des Ortspfarrers durchgeführt. Dabei wurde die Geschichte der Wallfahrt ebenso erklärt wie die bereits in seinem Vortrag berührten Fragen nach der Beziehung der Pfarrei zum Stift Zyfflich, das 1436 nach Kranenburg verlegt und dem die Pfarrei bis zu seiner Aufhebung 1802 inkorporiert war.
Nach den Führungen wie schon in der zweistündigen Mittagspause bestand die von fast allen Teilnehmern genutzte Möglichkeit eines Rundgangs durch Kranenburg und um die noch gut erkennbare ehemalige Stadtbefestigung mit dem Mühlenturm, der heute zu einer Art Wahrzeichen von Kranenburg geworden ist. Der Heimatverein Kranenburg hatte, was für diese individuelle Besichtigung überaus hilfreich war, als großzügiges Geschenk allen Teilnehmern der Frühjahrsversammlung seinen umfangreichen Katalog der ortsgeschichtlichen Ausstellung „Geschichte im Turm“ zur Verfügung gestellt. Die Führungen wie die Tagung endeten um 17.00 Uhr.

Köln,
Heinz Finger

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