Bericht über die Herbstversammlung in Wassenberg am 26. Oktober 2024
Vorsitzender Dr. Norbert Schloßmacher begrüßte die Vereinsmitglieder und zahlreiche Gäste und bedankte sich beim Heimatverein Wassenberg für die großartige Unterstützung bei Vorbereitung und Durchführung der Tagung. Seinem Vorvorgänger, Prof. Dr. Leo Peters, gratulierte er zu dessen unlängst begangenen "runden" Geburtstag. Seitens der Stadt Wassenberg begrüßten Ehrenbürgermeister Manfred Winkens und der Vorsitzendes Heimatvereins Walter Bienen die Versammlung. Dr. Norbert Schloßmacher und Dr. Ulrich Helbach informierten die Mitglieder, dass es seit der Frühjahrstagung keine wesentlichen Veränderungen bei der Mitgliederzahl und der Kassenlage gegeben habe.
Im ersten Vortrag beschäftigte sich Anja Mülders mit dem Thema: Von Grenzen, Grenzenlosen und Ausgegrenzten – die maasländischen Bockreiter-Banden im 18. Jahrhundert. Zunächst analysierte sie das Phänomen der Räuberbanden und Bettler in einer von Kleinstaaterei geprägten Region, die durch anhaltende Kriegsereignisse, klimatische Katastrophen (wie dem Extremwinter 1739/40) und schwierige Wirtschaftsverhältnisse von sozialer Verarmung besonders betroffen war. Die vagabundierende Unterschicht sei als ‚Räuberbande‘ nicht am Wohnort, in einem stets kleinräumlichen Einzugsbereich und in spontan sich neu bildenden Gruppen von 10 bis 20 Personen grenzüberschreitend aktiv gewesen. Die staatlichen Gegenmaßnahmen umfassten Verordnungen, grenzüberschreitende Kontrollen, Verhaftungen, Gefängnis- und Todesstrafen. Mehr als 500 Personen wurden hingerichtet. Mülders stellte fest, dass es die Bockreiterbande als Großbande mit entsprechend nachweisbaren Überfällen nicht gegeben habe. Vielmehr sei das Phänomen das Ergebnis eines ‚Justizskandals‘. Vergleichbar den Hexenprozessen seien gefasste angebliche Mitglieder unter der Folter zu Aussagen über die Bande und zu Mittäter/innen gezwungen worden. Eine stetig wachsende Personenzahl und die Darlegung magischer und gotteslästerlicher Rituale seien das Ergebnis der Prozesse gewesen. Der Mythos der Bockreiterbande sei bis heute lebendig und werde auch zu lokalen Werbezwecken genutzt. Im zweiten Vortrag widmete sich Augustinus Janssen dem Thema: Franciscus Josephus Page (*21.9.1771 Wassenberg † 25.2.1834 Limbricht), ein Pfarrer in einer weltlichen und geistlichen Umbruchzeit. Page studierte in Köln und wurde dort 1794 zum Priester geweiht, seit 1797 war er bis zu seinem Tode 1834 Pfarrer in Limbricht (heute Sittard/Nl.). Sein Bruder und zwei seiner Onkel waren ebenfalls Priester. Die politische und kirchenorganisatorische Geschichte Limbrichts während seiner langen Amtszeit war außerordentlich turbulent. Ursprünglich zum Herzogtum Jülich gehörend, zählte Limbricht nach der Besetzung durch französische Truppen 1794 zu Frankreich, von 1813 an zum Königreich der Vereinigten Niederlande und seit 1830 zum Königreich Belgien. Die Zuweisung zum Königreich der Niederlande 1839 hat Page nicht mehr erlebt. Limbricht gehörte in der Zeit vor der Revolution zum Bistum Lüttich, von 1801 bis 1825 zum damals förmlich wieder aufgelösten Bistum Aachen, dann erneut zum Bistum Lüttich und von 1849 an zum wiedererrichteten Bistum Roermond. Page setzte sich in den sich mehrfach grundsätzlich ändernden pastoralen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen intensiv für die Stabilisierung der Strukturen in der Pfarre Limbricht ein, der er seit 1822 mehrere kleinere Pfarreien einverleiben konnte. 1822 fand die erste Visitation seit 1794 statt. Die eingegliederten Pfarreien wurden von 1832 an wieder verselbständigt. In der militärischen Krisensituation 1813 und der Stationierung mehrerer tausend Soldaten in Limbricht setzte er sich caritativ ein und sprach sich für den Geist des Friedens und der Nächstenliebe aus. Sein besonderes Engagement galt dem Schulwesen und der Lehrerausbildung. Im Oktober 1833 erkrankte Page schwer und verstarb 1835 im 63. Lebensjahr, nachdem er 36 Jahre lang als Pfarrer in Limbricht tätig gewesen war.
Nach einem guten Mittagessen fanden am Nachmittag zwei Ortsführungen durch Vertreter des Heimatvereins statt. Bei einer Tasse Kaffee konnte man am Nachmittag auf einen gelungenen und von schönem Wetter begleiteten Tag zurückblicken. Dr. Paul Schrömbges