Studienfahrt nach Münster,
24.-26. Juli 2018

Ziel unserer diesjährigen Studienfahrt war Münster, wo 400 Jahre nach Beginn des Dreißigjährigen Krieges vier Museen und das Bistum eine große Kooperationsausstellung zeigten: „Frieden. Von der Antike bis heute“.

Erster Programmpunkt war ein Stadtrundgang (wobei wir jedoch den Dom bewusst aussparten: Man wird später sehen, warum). Unter Führung von Greet Verduyn besuchten wir – nach einem ersten stadtgeschichtlichen Überblick – zunächst das Historische Rathaus mit dem Friedenssaal. Von dort, also vom Prinzipalmarkt, ging es weiter durch die Altstadt; u. a. zur Lamberti-Kirche. Als zwei bedeutende Bauwerke von Johann Conrad Schlaun lernten wir den Erbdrostenhof und die Clemenskirche kennen.

Während der anschließenden Freizeit hatten die Teilnehmer Gelegenheit (erstmals; weitere gab es an den Folgetagen), mittels der Kombi-Eintrittskarte diejenigen Ausstellungsstätten zu besuchen, für die wir keine Führung gebucht hatten: Stadtmuseum, Picassomuseum und Archäologisches Museum. Zu den dortigen Exponaten zählte u. a. der älteste erhaltene Friedensvertrag der Menschheitsgeschichte, geschlossen 1259 vor Christus. Schwerpunkt der Schau im Picassomuseum war die berühmte Friedenstaube von 1949, zu sehen in insgesamt zehn Plakat-Variationen des Künstlers. Die Ausstellung im Stadtmuseum widmete sich der Rezeptionsgeschichte. Manchem dürfte erst dadurch bewusst geworden sein, dass man im ausgeprägt katholischen Münster die Gedenkjahre 1748 und 1848 weitgehend ignorierte, weil man den Kriegsausgang als Schwächung des Katholizismus ansah. Das NS-Regime nannte den Westfälischen Frieden sogar einen ebensolchen "Schand-Frieden" wie den Versailler Vertrag. Erst nach dem verlorenen Weltkrieg setzte anlässlich des Jubiläums 1948 die Würdigung als europäischer Einigungs-Friede ein.

Am Abend trafen wir uns mehrheitlich ganz spontan zum Essen beim "Großen Kiepenkerl".

Am Mittwochvormittag führte uns Ines v. Patow durch das LWL-Museum, welches auch die Exponate des Bistums Münster beherbergte (dessen Domkammer ist derzeit wegen einer umfassenden Sanierung geschlossen). Von allen Teilen der Kombi-Ausstellung war diese Schau im LWL-Museum die umfangreichste. Besondere Highlights bildeten Werke von Peter Paul Rubens, Eugene Delacroix, Käthe Kollwitz, Wilhelm Lehmbruck und Otto Dix; von den drei letztgenannten Künstlern stammten vor allem Darstellungen der Schrecken des Ersten Weltkriegs. Hinzu traten viele Bild- und Text-Zeugnisse aus jüngerer Zeit, teils auch in digitaler Präsentation.


Höhepunkt der Studienfahrt: Dom-Führung mit Diözesankonservator
Dr. Udo Grote (2. v. l.)

Für den Mittwochnachmittag hatten wir Diözesankonservator und Domkustos Dr. Udo Grote gewinnen können, uns "seinen" Dom zu zeigen. Seine Führung war wirklich Spitzenklasse; der Höhepunkt unserer diesjährigen Fahrt. Mit größter Sachkunde bis in alle Details hinein, zugleich jedoch unter kluger Auswahl und Beschränkung auf das Wesentliche verstand er es, unseren nahezu zweistündigen Rundgang wie im Fluge vergehen zu lassen. – Der hier folgende Überblick vermag natürlich nur einen Bruchteil des Gesehenen zu umfassen:

Der Dom St. Paulus geht zurück auf ein Kanonikerstift ("monasterium honestum"), gegründet um 795 durch Bischof Liudger; der heutige Bau wurde 1225-1264 errichtet. Er wird optisch geprägt durch die leuchtende Farbigkeit des gelben Baumberger Sandsteins. Der Skulpturenschmuck der Paradiesvorhalle, in der Spätromanik noch zum Domplatz hin offen, wird beherrscht durch Christus als Weltenrichter, begleitet von Statuen der Apostel und des Kirchenpatrons. Der Fries unterhalb dieser Figuren zeigt Alltagsszenen mit Bauern, Handwerkern, Musikanten usw.

Beim Eintritt erfasst der Blick zum Ostchor einen majestätisch proportionierten Raum mit Rund- wie auch Spitzbögen; hoch aufragende Scheidbögen verbinden fast wie in einer Hallenkirche die Seitenschiffe mit dem Mittelschiff. Im Westchor, dem ältesten Bauteil, zeigt der 1955 dorthin versetzte ehemalige Hochaltar Szenen aus der Vita des hl. Paulus. Das Retabel dieses Flügelaltars von 1622 diente bis zum Zweiten Weltkrieg als Schrein für den Reliquien- und Domschatz, nach der Umsetzung in der Domkammer aufbewahrt. Allerdings die vergoldeten Silberstatuetten (hl. Maria und Apostel) aus dem 14. Jh. befinden sich im heutigen Zelebrationsaltar. – Gleichfalls im Westchor stehen das mittelalterliche Taufbecken und Teile des Chorgestühls, die täglich dem Vespergebet dienen.

Gravierendster Einschnitt, mit Ausnahme der Beschädigung im Zweiten Weltkrieg, war die Zeit der Wiedertäufer (1534/35), die zahlreiche Ausstattungsstücke vernichteten. Zu den ältesten Skulpturen zählt das große Triumphkreuz im Chor (1220/50); es stellt Christus mit weit geöffneten Augen und langem Gewand als den neuen Hohen Priester und König des Himmels dar.

Weitere besondere Kostbarkeiten sind die Astronomische Uhr, gefertigt 1540/42 und vor Kurzem frisch restauriert, sowie der große Kruzifixus (um 1620/30) in der Maximus-Kapelle, aus Elfenbein in einem Stück gearbeitet. Ohne Seitenwunde und mit nur noch als Attributen gestalteten Nägeln zeige dieser Corpus, so Dr. Grote, Christus bereits als Sieger über den Tod. Dieses Kreuz zähle zu den bedeutendsten kunsthistorischen Werken in Europa.

Maximus-, Josephs- und Ludgerus-Kapelle, alle ausgestattet mit modernen Fenstern von Georg Meistermann, heißen zusammen die Galen-Kapellen. In der letztgenannten ruht Clemens August Kardinal von Galen, aufgrund seines mutigen Widerstands in der NS-Zeit als "Löwe von Münster" bekannt. Ferner begegnet einem schräg gegenüber im Chor-Umgang ein Blutzeuge jener Jahre: Karl Leisner, dargestellt im Kreuzweg des Düsseldorfer Künstlers Bert Gerresheim als Simon von Cyrene.

Eine kleine Reminiszenz an unsere letztjährige Studienfahrt nach Paderborn erwartete uns nahe der Orgel: ein Drei-Hasen-Motiv als Gewölbezierscheibe.

Die so ganz besondere Freude unserer Gruppe blieb bei Dr. Grote nicht ohne Resonanz. Darum führte er uns auch in zwei normalerweise nicht zugängliche Räume. Zunächst in den Kapitelsaal, mit seinen reichen Holzschnitzereien einer der bedeutendsten der Renaissance; qualitativ sogar noch besser als der berühmte Friedenssaal. Zweitens in den eindrucksvollen Gartensaal, angelegt um 1750 durch Domdechant Franz Egon von Fürstenberg. Die außergewöhnlich großen, blau bemalten Majolika-Platten, nach schweren Kriegsschäden hervorragend restauriert, zeigen ein wahres Feuerwerk von Rocaillen, von denen keine zwei miteinander identisch sind.

Schließlich besuchten wir den Kreuzgang; dort sind besonders erwähnenswert die klugen und die törichten Jungfrauen (1620/30), ein Altar mit Darstellung der Gregorsmesse (1502) und der Bettler von Barlach (Abguss; Original 1930). – Seinen Abschluss fand unser Rundgang auf dem Domherren-Friedhof, vor dessen Totenleuchte unser Gruppenbild entstand.

Für diesen Abend hatten wir ein gemeinsames Abendessen im Hotel bestellt. Auch ansonsten waren wir mit unserem Quartier im Stadthotel Münster sehr zufrieden. Nicht zuletzt waren die Fußwege zu allen Zielen im Zentrum bequem und kurz: zwischen 3 und 10 Minuten.

Am Heimreisetag nutzen einige Teilnehmer die Gelegenheit zu einem Abstecher nach Haus Rüschhaus. 1745 bis 1748 durch Johann Conrad Schlaun erbaut zur eigenen Nutzung während der Sommerfrische, präsentiert sich das Anwesen heute vor allem als ehemaliger Wohnsitz der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Das Landhaus erwarb 1825 ihr Vater, Freiherr Clemens August II. von Droste zu Hülshoff; mit Unterbrechungen bewohnte es seine Tochter (nebst Mutter und Schwester) von 1826 bis 1846.

Bericht und Photo: Susanne Schmitz